Montag, 27. Mai 2013

Kafka (Reprodukt)

Kafka (Reprodukt)

Die Interpretationen von Kafka füllen hunderte Bände Sekundärliteratur. Mittlerweile gibt es sogar Gelehrte in Kafkalogie. Natürlich geben Kafkas Geschichten viel her und lassen sehr großen Spielraum für Interpretationen und gerade wenn man seine Briefe an seinen Vater hinzuzieht entdeckt die größten Einflüsse auf seine Geschichten relativ schnell. Vieles ist aber trotzdem stark aus den Fingerchen gesaugt. In ihrem gemeinsamen Projekt “Kafka” halten sich der Sachcomicautor David Zane Mairowitz und Comiclegende Robert Crumb an die harten Fakten und gewähren auf 175 Seiten einen umfassenden Einblick in Kafkas gesamtes Schaffen, deren Hintergründe und über sein Privatleben.

Während Mairowitz sich daran macht Fakten und Umstände in Kafka Leben zusammenzufassen, wobei das Leben als Jude im Prag, erschwerend als deutschsprachiger Jude in Prag und natürlich das Verhältnis zu seinem jähzornigen Vater widmet, machte Crumb sich daran kleine Anekdoten zu skizzieren und seine wichtigsten Werke in Comicform kompakt zusammen zu fassen. Diese Comics werden dann wiederum von Mairowitz ergänzend kommentiert und erläutert.

Zu den zentralen Punkten dieses Sachcomics gehören somit der Alltag im Pragerghetto, jüdische Sagen wie zum Beispiel der Golem, Franz Briefe an den Vater, sowie seine Geschichten “Das Urteil”, “Die Verwandlung”, “Der Bau”, “In der Strafkolonie”, “Der Prozess”, “Das Schloss”, “Ein Hungerkünstler”, sowie das nicht beendete “Das ‘Natur’-Theater von Oklahoma. Zudem geht es natürlich auch noch um Franz gestörtes Verhältnis zu Frauen, Liebe und Sexualität.

Wenn man nur ein wenig über Kafka und Crumb weiß, dann wird schnell klar, dass es keinen anderen Comickünstler geben kann, der für dieses Werk besser geeignet sein könnte als Robert Crumb. Denn kein anderer Künstler verarbeitet ähnliche Ängste wie einst Kafka in seinen Arbeiten wie der neurotische Crumb. Sein eigentümlicher Stil passt perfekt zur Darstellung von Kafkas Alltagsproblemen, aber auch in den fantastischen Geschichten funktioniert Crumbs harter und oft manischer Strich. Aber auch um den schrecken der Judenverfolgung optisch greifbar zu machen ist seine Kunst geeignet, was er hier auch in oft einfachen aber inhaltlich unheimlich starken Bildern auch tut.

Wenn man also einen sehr gut komprimierten überblick über Kafkas Werk und Leben sucht ist man mit diesem Comic/Sachbuch perfekt bedient. Crumb Fans werden ebenso ihren gefallen finden und allein die Comicadaptionen der berühmten Geschichten rechtfertigen den Kauf schon. Kafka + Crumb, wer kann da schon nein sagen?

8,7 von 10 Wünsche die der Freund nicht erfüllt sondern nur die Gestapo