Sonntag, 4. September 2016

Ausgeburt der Hölle (1955) [Anolis]

Ausgeburt der Hölle (1955) [Anolis]

Schon lange wirft die, in der Wüste gelegene, Dattelplantage der Farmerfamilie Kelley keine Gewinne mehr ab. Aber nicht nur deshalb weht eisige Kälte durch die Ehe von Allen (Paul Birch) und seiner Frau Carol (Lorna Thayer). Schon länge herrscht zwischen den Beiden lediglich Gleichgültigkeit. Neben den beiden Eheleuten leben auf der Farm noch ihre gemeinsame Tochter Sandy (Dona Cole) und der Hofhelfer “Er” (Leonard Tarver), ein grober Kerl, der durch eine geistige Behinderung nicht sprechen kann. Wie aus dem Nichts wird ihr monotoner und trostloser Alltag von einem fliegenden Objekt aufgerüttelt. Das vermeintliche Flugzeug stürzt nahe des Farmhauses ab, allerdings nicht ohne die Küche des Hauses zu verwüsten. Ab diesen Zeitpunkt beginnt ein merkwürdiger Ton immer wieder Farm- und Wildtiere zu kontrollieren. Plötzlich attackieren eigentlich harmlose Tierchen die Kelleys und langsam kommt Familienoberhaupt Allen auf den Trichter, dass dahinter nur eine außerirdische Macht stecken kann.

Für nur 23.000-30.000 Dollar, wie viel genau, darüber streiten sich Fachkundige, produzierte Roger Corman 1955 einen seiner ersten Filme für die American Releasing Company. Er selbst konnte zumindest offiziell nicht die Regie übernehmen, da er zu diesem Zeitpunkt schon Mitglied der Gewerkschaft war und daher auch unter Gewerkschaftsregularien hätte drehen müssen. Bedeutet: Er hätte den vertraglich geregelten Mindestlohn für Cash & Crew zahlen müssen, was bei dem Budget nicht möglich gewesen wäre. Daher hat Produzent David Kramarsky (Sonntag sollst du sterben) den Regie Credit bekommen, obwohl klar ist das vor allem andere im Sessel saßen und natürlich auch Corman selbst einige Szenen filmte.

Aber auch ohne Mindestlöhne war das Budget selbst für diesen kargen Film nicht viel Geld. Und auch wenn insgesamt nur sechs Darstellenden für die Linse treten war am Ende für die Effekte wohl nicht mehr so viel übrig. B-Movie typisch prankt mal wieder ein gar schreckliches Monster auf dem Poster, das einer nett anzusehenden Dame an die Lebensenergie will. In Wahrheit ist das Monster des Films jedoch unsichtbar und der Schrecken ist lediglich in Form von Tieren, meist Vögel die irgendwo gegen fliegen, zu sehen. Nur im blutleeren Finale ist kurz ein Alien zu sehen (der kleine Herkules), dass allerdings nur einen Sklaven der außerirdischen Entität darstellt und nicht die Titel gebende Bestie mit den Millionen Augen. Herkules wurde für insgesamt 400€ zusammengeschustert und sieht auch ungefähr so aus. Letztlich macht es die Sache aber nicht schlimmer, denn wer den Film bis dahin nicht lieben konnte hätte auch durch ein cooleres Monster nicht zu ihm gefunden.

Wenn ich ehrlich bin handelt es sich hier wirklich um einen ganz räudigen Film. Aber ich mag ihn wirklich sehr gerne. Vor allem Paul Birch (Gesandter des Grauens), der einfach alles stoisch durchlebt ist ein spaßiger Hauptdarsteller. Er nimmt seine Rolle erschreckend ernst und spielt auch die schlimmsten Pathos und Kitsch Texte mit viel Elan und sogar glaubwürdig. Die Dialoge sind teils beschämend platt und funktionieren irgendwie trotzdem. Oder sie wirken zumindest aufrichtig und total niedlich. Auch wenn es inhaltlich wenig spannendes gibt und der Film auf der Metaebene sicherlich ziemlich konservativ angesehen werden kann, schließlich scheint sich alles darum zu drehen, dass die amerikanische Kleinfamilie auseinander bricht und nur der gemeinsame Hass auf Kommunismus die Ehe und Familienbande wieder zusammenbringen kann, okay da habe ich mir vielleicht was dazugedacht aber wenn man es raushören will kann man es ohne Probleme entdecken, ist “die Ausgeburt der Hölle” ein schöner, leicht zu konsumierender Film für die Soapfreunde unter den Horrorfans. Ebenfalls eine ganz gute Rolle gibt Lorna Thayer ab, außer Kuchen anbrennen lassen darf sie zwar nur wenig machen, aber wenn, dann spielt so glaubhaft und ein bisschen merkwürdig, was dem Film auf jeder Ebene gut tut.

Diese Ausgeburt von Film ist bei weitem kein guter Film, auch nicht für damals und auch nicht wenn man ihn nur als kleinen Genrestreifen betrachtet. Lässt man sich aber auf die Absurdität der Dialoge ein und lässt sich vom Kitsch und teils unfreiwilligen Charme betören, werdet ihr überrascht davon sein was für ein unterhaltsamer Film trotz des geringen Budgets und den daraus resultierenden Limitierungen entstanden ist.

Bei Anolis wird dieser frühe Roger Corman (Frankensteins Todes-Rennen) Klassiker mit dem zweifelhaften Ruf als vierter Teil der “Die Rache der Galerie des Grauens” veröffentlicht. Das Bild des Films ist für eine DVD ganz okay, teilweise ein wenig verrauscht und einige kleinere Kratzer sind auch noch zu sehen. Der deutsche Ton rauscht da schon etwas stärker und teilweise sogar schon etwas nervig. Auswählbar sind sowohl die deutsche, wie auch die amerikanische Kinofassung. Diese Varianten unterscheiden sich lediglich im Intro, wobei die US-Variante Wüstenstillleben zeigt während die deutsche nicht weniger stimmig mit einem animierten Intro punkten kann, dem Endscreen und einem letzten kuriosen Unterschied. In der deutschen Fassung wurden den vom Alien kontrollierten Tieren Blitze in die Augen gekratzt. Dazu wurde an den entsprechenden Stellen einfach die Negative zerkratzt. Interessant ist daran, dass diese Effekte angeblich auch in den Kinos der USA zu sehen waren, auch wenn sich aus heutiger Sicht keine Beweise dafür finden lassen und auch Zeitzeugen sich nicht daran erinnern können. Dazu kommen zwei sehr informative Audiokommentare von Ingo Strecker & Daniel Peree und von Dr. Rolf Giesen, der deutsche und der amerikanische Kinotrailer, sowie eine Bildergalerie. Obligatorisch ist natürlich auch noch ein interessantes Booklet von Ingo Strecker beigelegt.

6 von 10 Killerkühe