Mittwoch, 15. November 2017

Crossed Monster Edition #1 (Panini Comics)

Crossed Monster Edition #1 (Panini Comics)

Dieser Hardcover Sammelband enthält das komplette erste Volume Crossed #0-#9 sowie das zweite Volume Crossed: Family Values #1-#7

Crossed Volume 1

Wie aus dem Nichts, geht plötzlich die ganze Welt in den Arsch. Bis eben noch ganz normale Menschen haben auf einmal ein vernarbtes Kreuz im Gesicht und töten wahllos jeden den sie sehen auf möglichst Brutale Art und Weise. Jeder zerfleischt jeden, Leute fressen sich gegenseitig auf und überall vergewaltigen sich Menschenmassen gegenseitig. Ähnlich wie ein Zombievirus verbreitet sich “Crossed” über die USA aus. Immer mehr Menschen werden zu barbarischen Wesen und nur wenige können sich zu kleinen Gruppen zusammenschließen und die Infizierten abwehren. Wir verfolgen eine kleine Gruppe Überlebender, unter ihnen ein erblindetes Mädchen und ihr Freund, mit dem sie gerade das erste Date hatte als der Virus startete. Auch eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn ist dabei. Zu Fuß versuchen sie nach Alaska zu kommen, da sie vermuten dort sicher zu sein. Der Weg ist aber sehr beschwerlich und noch viel länger, da sie immer wieder Umwege gehen müssen um den Mutierten aus dem Weg zu gehen.

Garth Ennis schlägt wie bekannt gerne mal über die Stränge. Mehr ausgeartet als hier ist er aber wohl noch nie. Vergewaltigungen, Eingeweide und Prügeleien mit abgeschnittenen Pferdeschwänzen. Kranke Scheiße vom Anfang bis zum Ende. Eigentlich also genau das richtige für mich. Trotzdem habe ich mich mit Crossed sehr schwer getan. Ausgaben #0-2 habe ich vor langer Zeit mal angefangen. Dann hab ich’s doch wieder gelassen und mit später noch 3-4 besorgt. Beide male konnte die Serie mir nicht völlig zusagen, vermutlich weil ich damals noch genug Zombieunterhaltung durch Walking Dead bekam.

Und immer noch habe ich die selben Probleme mit den Comics. Ennis geht die Sache oft einfach zu derbe an. Natürlich ist es krass wenn jemand den Penis eines Pferds abschneidet, ihn immer mit sich herumträgt und Leute damit verprügelt. Man kann sich wenig Dinge vorstellen die kaputter sind, allerdings ist diese, genauso wie endlos viele andere Sachen in dieser Geschichte so over the Top das es meist eher komisch wirkt als wirklich gruselig. Dadurch geht meiner Meinung nach viel Dramatik verloren. Jetzt wo ich aber mal weiter gelesen habe, sind mir auch viele tolle Momente aufgefallen. Die harte Art, in der er mit seinen Charakteren umgeht ist erfrischend und ist der von TWD sehr ähnlich. Außerdem sind die Infizierten spannender als Zombies, da sie intelligenter und somit viel unberechenbarer sind. Zombies handeln nach einfachen Instinkten, während die Crossed People immer nur möglichst schreckliche Dinge tun.

Was mir am allermeisten gefallen hat, ist wie Ennis sich traut auch die Schönheit des Weltuntergangs nach außen zu kehren. Immer wieder sehen die Charaktere wie gut es der Welt tun wird wenn alle Menschen weg sind und auch in vielen kleinen Momenten lassen sich rührende Szenen finden, wenn man nur gut genug hinschaut.

Das Artwork setzt die Grausamkeiten des Skripts rigoros um. Grenzen gibt es dabei wenige. Man sollte sich also vorher im Klaren sein worauf man sich hier einlässt. Für einen Comic für ein Mainstream Label gelangt man hier sicherlich an die Grenzen des zeigbaren. Horrorfans haben sicherlich schon schlimmeres gesehen, einige Panel verfehlen ihre Wirkung aber absolut nicht. Eine Handvoll wirklich schockierender Szenen sind aber auf jeden Fall vorhanden.

Leser mit hartem Magen werden sicherlich ihren Spaß haben, Tiefgang ist nicht durchgehend vorhanden, aber auch interessante philosophische und psychologische Ansätze sind vorhanden, werden aber oft von krasser Gewalt überschattet.

7,8 von 10 schockierende Geständnisse


Crossed: Family Values

In North Carolina steht eine kleine, gepflegte Ranch. Auf ihr leben und arbeiten gleich mehrere Generationen des Pratts Familienklans. Unter anderem bestehend aus den beiden Elternteilen und ihren 10 Kindern. Unter ihnen ist auch die 18-jährige reit begeisterte Addy. Im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern, ist sie scheinbar die einzige die bemerkt, dass einiges nicht stimmt in ihrer Familie. Man kann sagen, dass es für sie nicht das schlimmste ist als die Zivilisation durch die gekreuzigten unter geht. Denn ihr Vater stellt sich als Pädophiler heraus, der schon seit Jahren ihre kleinen Schwestern vergewaltigt. Doch der Weltuntergang schweißt die Familie erneut zusammen und in der Not, fasst sie sogar erneut vertrauen zu ihrem Vater. Gemeinsam fliehen die überlebenden der Ranch zu einem abgelegenen Ort in der Nähe von Salt Lake City wo sie fernab der alten Zivilisation eine neue Ranch errichten. Lange Zeit sind sie dort sicher, doch langsam zeigt sich erneut wie Addys Vater tickt. Mittlerweile hält er sich für einen, von Gott gesandten Messias, der nach Gottes Willen gegen die wahnsinnigen Kämpft und seinen heiligen Samen an seine Töchter weitergibt. Nun erst wird Addy klar, dass egal ob mit oder ohne Weltuntergang, ihr Vater war schon vorher ein schrecklicher Mensch und ist immer noch viel schlimmer als es die sadistischen Infizierten jemals sein könnten.

Nach den ersten zehn Ausgaben war Garth Ennis eigentlich fertig mit Crossed. Er hatte erzählt was er erzählen wollte, doch bei Avatar Press verlangte man nach einer Fortsetzung des Erfolgs. Da Ennis selbst keine Idee und/oder Lust hatte, reichte er den Stab vertrauensvoll an David Lapham weiter, der damals gerade mit seinen Kull Comics beschäftigt war. Wer könnte auch besser dazu geeignet sein diesen Wahnsinn weiter zu führen und das Crossed Universum auszudehnen. Lapham setzt an einer anderen Stelle an und zwar bei anderen Leuten an einem anderen Ort. Auf den ersten Seiten etabliert er das Familiengeflecht, zeigt wie sie leben und widmet sich dann schon relativ schnell ihrer dunklen Seite. Addy traut sich endlich ihren Vater auf die Vergewaltigungen anzusprechen und versucht ihn aufzuhalten. Dieses Szenario wird jäh durch die Wahnsinnigen gestört, die viele Mitglieder der Familie töten und die Ranch zerstören. Die Eltern und ein paar der Kinder überleben und reiten an einen neuen Ort wo sie eine neue Ranch errichten. Nach kurzer Eingewöhnungszeit geht das treiben dort genauso weiter wie zuvor. Wieder vergewaltigt der Vater seine jüngeren Töchter und außer Addy sehen alle wie gewohnt Weg. Doch auch Addy bekommt nicht viel davon mit, da sie nur selten auf der Ranch ist. Meistens ist sie auf Erkundungstouren die sie im Auftrag ihres Vaters erledigt.

Trotz der laufenden Apokalypse kann Addy nicht verdrängen was in ihrer Familie vorgeht. Derweil ist ihr Vater eine Art Sektenführer geworden, der behauptet in Gottes Willen zu handeln. Mittlerweile sind auch einige neue Überlebende zur Ranch hinzugekommen, aber niemand, auch Addys Mutter sagt etwas zu den schrecklichen Dingen, die im Verborgenen geschehen. Doch Addy entscheidet sich zu handeln. Obwohl die Handlung fortlaufend erzählt wird, hat sie schon einen sehr episodenhaften Charakter. Jedes der sieben einzelnen Hefte hat eine relativ abgeschlossene Handlung und erzählt eine komplette Etappe in Addys Überlebenskampf. Interessant ist dabei der Ansatz aufzuzeigen, dass sich durch die gekreuzigten nicht sonderlich viel geändert hat. Die Menschen waren schon vorher wahnsinnig, brutal, erbarmungslos und sadistisch. Auch Addy spürt in sich immer wieder das Böse. Nach dem Tod ihres Vaters führt sie schließlich die Gruppe an und verspürt immer wieder den Wunsch alle zurückzulassen um selbst leichter überleben zu können. Das Böse ist also in Allen, doch nur wenige können es zurückhalten und sich gut verhalten, was besonders während des Weltuntergangs nicht immer einfach ist.

Der Zweite Teil der Geschichte handelt dann von Addys Mutter, die nach ihrem Vater zur Antagonistin wird. Sie hatte sich geopfert um ihren Mann zu töten, nachdem Addy ihr ins Gewissen geredet hat. Nun gehört sie aber zu den Infizierten und sucht ihre Kinder. Spannend ist dabei zu sehen, wie neben dem normalen Verhalten eines Infizierten, bei ihr immer wieder Muttergefühle durchkommen. Diese zeigen sich zwar meistens durch für Crossed typische Gewaltexzesse, doch unterschwellig scheint sie nur gut machen zu wollen, was sie ihr Leben lang als Mutter falsch gemacht hat. Auch wenn es in ihrem Fall bedeutet ihre Kinder fressen zu wollen.

Jedenfalls versteht Lapham es ohne Frage mit dem Universum umzugehen. Viel geändert hat er nicht. Die Infizierten sind nun ein wenig redseliger, aber ansonsten bleibt er Ennis Muster treu. An dem Grad der Gewalt hat sich ebenfalls nichts geändert. Wer auch nur ein wenig empfindlich ist bei expliziter Gewaltdarstellung, vulgären Dialogen und völlig verrohten Moralvorstellungen, wird angewidert und beleidigt sein vom Inhalt. Wer so etwas aber verkraftet und ein wenig zwischen den Zeilen liest findet eine radikal erzählte Horrorgeschichte, die immer wieder Tabus verwirft und gewollt Grenzen überschreitet. Gleichzeitig fungiert dieser Comic aber auch als durchgedrehte und blutige Parabel auf unsere Gesellschaft.

Fürs Artwork wurde Javier Barreno verpflichtet, der hiermit sein Comicdebüt feiert. Der arme Mann. Ob er wohl wusste was ihn erwartet? Na ja jedenfalls startete er auf diese Weise wenigstens mit einem großen Knall. Nur wenige Künstler starten bei einem großen Label wie Avatar und zeichnen dann gleich in ihrer ersten Reihe so viele abgebissene Pimmel, abgetrennte Gliedmaßen und kopulierende Zombies. Optisch ist das Ganze dann auch relativ nett geworden. Er liefert die gesamte Bandbreite der nötigen härte und überrascht immer wieder mit neuen unfassbaren Dioramen des Schreckens. Es sind besonders die großen Schreckenscollagen die überzeugen können, sowie die Momente in denen der Horror auf intime Weise nahe an den Leser herantritt.

Insgesamt betrachtet, sind aber auch einige Seiten dabei die nicht sonderlich spektakulär oder auch toll aussehen. Gerade wenn es darum geht Emotionen durch Mimik und Gestik zu zeigen brauch Barreno noch ein wenig mehr Übung. Ein weiterer Kritikpunkt sind die fehlenden Geräusche. Insgesamt tragen sie zum realistischeren Stil der Reihe bei, auch wenn das eigentlich nicht unbedingt nötig wäre, da die Gewalt eh ziemlich Cartoon mäßig rüber kommt. Zudem werden ein paar der Actionsequenzen durch die fehlenden Geräusche nicht unbedingt leichter zu verfolgen. Zumindest einmal musste ich mir eine Seite öfter anschauen, weil mir nicht klar war ob jetzt geschossen wurde oder nicht. Das größte Problem ist aber das digitale Inking. Auf den Covern hat man es recht gut hinbekommen. Sieht gut aus und so sollte es auch innerhalb des Trades aussehen. Dort werden aber zu oft große Flächen mit einer Farbe eingekleistert oder was noch schlimmer ist, es werden schon fertige Blutmuster und flecken über Menschen und Orte gelegt. Sieht einfach nicht gut aus und wirkt immer wieder irritierend.

Von ein paar kleineren Makeln im Artwork abgesehen, gefällt auch die zweite Crossed Miniserie sehr gut. Mit der Monster Edition von Panini Comics bekommt ihr jetzt die ersten beiden Volumes zusammen in einem schönen Hardcoversammelband, der als Bonus auch einige Variantcover bereithält.

7,6 von 10 warme Plätzchen