Mittwoch, 18. April 2018

Haus des Grauens (1963) [Anolis]

Haus des Grauens (1963) [Anolis]


Vor 11 Jahren starben die Eltern der Geschwister Eleanor (Janette Scott), Simon (Oliver Reed) und Tony (Alexander Davion) bei einem Flugzeugabsturz. Seitdem leben die Kinder bei ihrer Tante Harriet (Sheila Burrell), doch schon bald wurde Tony sein Leben mit der Tante unerträglich und er beendete sein Leben mit einem beherzten Sprung von der Steilküste. Nun sind die verbliebenen Geschwister fast volljährig und somit kurz davor, das vererbte Familienvermögen selbst verwalten zu dürfen. Doch plötzlich beginnt Eleanor wiederholt ihren verstorbenen Bruder zu sehen. Handelt es sich dabei um ein Hirngespinst der jungen Frau? Oder ist ihr Bruder wirklich zurückgekehrt?

„Psycho“, „Der Untergang des Hauses Usher“ und „Das Phantom der Oper“. Würdet ihr diese klassischen Stoffe mischen bekommt ihr vermutlich irgendwas in der Art von Freddie Francis (Blumen des Schreckens) schwarzweiß Thriller „Paranoic“, bei uns besser unter dem wenig passenden Titel „Haus des Grauens“ bekannt. Der Film aus dem Jahre 1963 gehört zu der letzten Welle von farblosen Filmen aus den Hammer Studios. Das Drehbuch schrieb Jimmy Sangster (Horror of Dracula) mit Josephine Teys Roman „Brat Farrar“ als Vorlage.

Die Geschichte dreht sich um eine Familie, englischer Geldadel, die langsam auseinanderbrechen zu droht. Nach dem Tod der Eltern nahm sich Tony das Leben, während Simon zum Lasterhaften, verantwortungslosen Rowdy wurde und Eleanors Psyche scheint Tonys Verschwinden auch Jahre danach nicht verkraften zu können. Gemeinsam Leben sie mit einem Diener und dem Hausmädchen Françoise (Liliane Brousse) bei ihrer kaltherzigen Tante. Endgültig eskaliert die Situation durch die Rückkehr des verstorben gedachten Tonys. Erzählt wird also ein relativ klassisches Familiendrama mit vermeintlichen oder auch realen übernatürlichen Elementen. Die Hauptrollen werden dabei wunderbar von Alexander Davion (Das Tal der Puppen) und Oliver Reed (Die Bande des Captain Clegg) verkörpert. Vor allen anderen kann insbesondere Reed durchgehend überzeugen. Als stets besoffener Rowdy ist er zu jeder Zeit glaubhaft, auch wenn er den Betrunkenen vielleicht manchmal zu real spielt. Jede Szene mit ihm ist spannend anzusehen und lenkt das Auge immer auf ihn. In weiteren Rollen können Janette Scott (Ein Riß in der Welt) und die für damals überraschend aufreizende Liliane Brousse (Die Ausgekochten) ihr Können beweisen. Auf keinen Fall vergessen werden darf Maurice Denham (Der Fluch des Dämonen), der als Finanzberater der Familie mit seiner trockenen Art und trotzdem wunderbar pointiert Reed auch in seinem gelegentlichen Overacting gut Paroli bieten kann.

Die Geschichte und ihr eher unterschwelliger und untergeordneter Grusel entwickeln sich nur langsam. Dank der auffallend gut geschriebenen Dialoge verliert der Film dennoch nie die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen. Dabei hilft auch, dass der Film wunderschön von Arthur Grant (Das Grüne Blut der Dämonen) in Cinemascope gedreht wurde. Der Mann versteht sein Handwerk und schafft es, den schwarzweiß Film trotz seiner späten Entstehungszeit wirken zu lassen. Licht und Schatten werden wundervoll in Szene gesetzt und erzeugen stets die Stimmung der Sequenzen. Auch ansonsten ist die optische Verwirklichung nüchtern, aber effektiv. Es gibt nur wenige Effectshots, diese sind dann auch als solche leicht auszumachen und spielen meistens an der Steilküste der Isle of Purbeck, halten dennoch auch einem Blick in HD noch stand. Ansonsten wäre da nur noch die Maske des vermeintlichen Killers, die so simpel ist und trotzdem zu den gruseligsten Masken gehört, die ich bisher gesehen habe. Da können die ganzen Slasher Killer einpacken. Zu guter Letzt ist da noch ein weiterer ziemlich gute Requisite, die sehr morbide und unheimlich ist, die aber noch nicht verraten werden sollte. Dieser Finale Schocker beweist noch einmal, warum es eine gute Idee war, den Film nicht in Farbe zu drehen, da der Effekt so noch düsterer wirkt und eine starke beklemmende Wirkung erzeugt, die in einer farbigen Version sicherlich verloren gegangen wäre.

„Das Haus des Grauens“ gehört sicherlich nicht zu den Titeln, die den Meisten sofort in den Sinn kommen wenn über das große Erbe der Hammer Studios gesprochen wird. Dennoch muss der Film den direkten Vergleich zu ähnlich psychologisch angehauchten Thrillern wie zum Beispiel Hitchcocks „Psycho“ nicht scheuen und verfügt auch für eine im Vergleich kleine Produktion über eine mehr als solide Optik und einen starken Cast.


Das Bild der Anolis Blu-ray ist überraschend scharf und durchgehend sauber. Eine wirklich tolle Restauration eines Klassikers. Der Ton kommt im 2.0 Mono Format und ist ebenfalls sauber und störungsfrei. Wie gewohnt gibt es einen Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen und Volker Kronz. Dazu kommt eine halbstündige Mini Doku über den Film, sowie der amerikanische Trailer, die Werberatschläge aus England, Deutschland und Frankreich, sowie das deutsche Filmprogramm und eine Bildergalerie.

8 von 10 harte Orgeleien